EVP Mundschutz

Corona Spezial Nr. 5

Doppelstrategie der EU: Geberkonferenz für Impfstoff  und Wiederaufbaufonds

Kommissionspräsidentin von der Leyen hat in einem Interview mit der Deutschen Welle eine neue Corona-Doppelstrategie der EU zur Bekämpfung und Bewältigung der Coronaepidemie präsentiert. Während die Kommission mit Hochdruck noch an den Details für den Wiederaufbau-Fonds arbeitet, startet von der Leyen am 4. Mai eine weltweite EU-Geberkonferenz, um das nötige Startkapital zur Entwicklung eines Corona-Impfstoffs zu sammeln. Das erste Ziel ist es, ein Anfangs-Startkapital von rund 7,5 Milliarden Euro zu generieren. Man wird sicherlich noch weitere Mittel brauchen.

Die EU plant, für diese Geberkonferenz ein globales Netzwerk aus der WHO, der Mellinda-und-Bill-Gates-Stiftung, dem Welcome Trust, dem United Global Funds und der G 20-Gruppe aufzubauen.

Bis ein Impfstoff entwickelt und etabliert ist werden allgemeine Hygienemaßnahmen – etwa das Tragen eines Mundschutz – weiter unseren Alltag prägen.

Ich halte dies für eine geniale Idee. Unabdingbar sollte allerdings – so meine ich – eine Erklärung mit aufgenommen werden, dass dieser Impfstoff der Menschheit, allen Menschen auf dem Globus gehören muss. Und dass dieser Impfstoff für alle an allen Ecken und Enden der Erde zu einem fairen und erschwinglichen Preis erhältlich sein muss. Also kein America first und auch kein EU first. Das wäre dann ein globaler und koordinierter Ansatz. Nur so können wir Corona in den Griff bekommen.

Gleichzeitig arbeitet die EU-Kommission an einem Wiederaufbau-Fonds. Dieses Konzept für den Wiederaufbau nach Corona soll noch im Mai vorgestellt werden. Der Wiederaufbau-Fonds soll in den neuen siebenjährigen EU-Haushalt mit eingebaut werden. Ich halte es für richtig, dass die EU einen solchen zweiten „Marshall-Plan“ auf die Beine stellt. Ein notwendiges Instrument für Investitionen und Solidarität. Ein Instrument für Kohäsion. Im gesamten Instrument wollen wir eine ausgewogene Balance zwischen Zuschüssen und Krediten haben. Ein riesiges Unterfangen. Ich bin optimistisch: Es wird gelingen, ja es muss gelingen, im Interesse der Zukunft der EU. Der Europäische Rat hat bereits Zustimmung signalisiert. Und das Europaparlament wird sich nach Kräften mit einbringen.

 

Chat mit Pro. Kekulé

Corona Spezial Nr. 4

Durchbruch beim 2. EU-Videogipfel

Grünes Licht für Corona-Kredithilfen

Wir alle können stolz darauf sein, wie rasch und konsensfähig sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf dem Videogipfel Ende April auf eine elementare Zukunftsfrage geeinigt haben: auf Corona-Kredithilfen. Beim ersten EU-Video-Gipfel Anfang März ging es um die medizinische Bekämpfung der Corona-Pandemie. Jetzt bildeten die späteren Kollateralschäden den Schwerpunkt, die Corona in der Wirtschafts- und Finanzpolitik hinterlassen wird.

Der EU-Gipfel hat das vereinbarte Paket mit Kredithilfen von bis zu 540 Milliarden Euro für Kurzarbeiter, Unternehmen und verschuldete Staaten gebilligt. Italien hat diesmal nicht wie beim ESM widersprochen. Ein erfreulicher Lernprozess, wie ich finde.

Als Europaabgeordnete bin ich erleichtert, dass die EU in schwierigen Finanz- und Haftungsfragen bei dem geblieben ist, was bereits in der Eurokrise konsensfähig war: Kredite statt Subventionen und Garantien statt Schulden-Vergemeinschaftung. Bundeskanzlerin Merkel hat sich mit ihrem Nein zu Coronabonds durchgesetzt. Stattdessen plädiert sie für ein europäisches Konjunkturprogramm in Verbindung mit dem neuen EU-Haushalt, in dem sich Deutschland allerdings wesentlich  stärker einbringen müsse. Das wird noch harte Debatten im Bundestag und im Europaparlament geben.

Laut EU-Gipfel soll die Kommission noch im Mai ein Konzept für einen Wiederaufbaufonds vorlegen. Dieser soll ohne Corona- oder Eurobonds auskommen und könnte nach ersten Schätzungen sogar weit mehr als eine Billion Euro umfassen. Die wesentlichen Details zum Wiederaufbaufonds fehlen aber noch: Umfang, Finanzierung und genaue Verwendung. Er soll mit dem nächsten mehrjährigen EU-Haushalt von 2021 bis 2027 verknüpft werden. Es wird bereits ernsthaft darüber diskutiert, ob die Obergrenze für nationale Beiträge zum EU-Haushalt von bisher 1,2 Prozent bis auf 2 Prozent angehoben werden soll. Auch da wird es noch heiße Debatten geben. Eines steht fest: Die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen von Corona sind von großer Dramatik.

Ich finde: in einer solchen Krisensituation wie gegenwärtig ist das gemeinsame Europa noch wichtiger als zu „normalen“ Zeiten. In den nächsten Monaten müssen die EU-Staaten zeigen, dass wir zusammengehören und die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Folgen solidarisch aufarbeiten wollen.

Am 1. Juli beginnt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Diese wird mit Sicherheit anders ablaufen, als wir uns das vorgenommen hatten. Die medizinische Bekämpfung der Corona-Pandemie und die Bewältigung ihrer wirtschaftlichen, finanziellen und gesellschaftlichen Folgen wird die deutsche EU-Ratspräsidentschaft prägen. Die Bundeskanzlerin hat zugleich betont, als Ratspräsidentin nicht nur etwas für den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu tun, sondern auch für den sozialen Zusammenhalt der Menschen in Europa. Aber auch Klima- und Umweltfragen, die bislang im Focus standen, müssen angegangen werden. Wir Europaparlamentarier müssen uns auf harte Arbeit einstellen. Die EU – das ist meine feste Überzeugung – muss aus der Krise gestärkt hervorgehen. Corona ist nicht mit nationalen Alleingängen in den Griff zu kriegen.

Der kontinuierliche Austausch mit Pandemie-Experten und Virologen ist für uns Politiker essentiell, um gut begründete Entscheidungen treffen zu können. Professor Kekulé und seine Kollegen sind aktuell auf vielen Kanälen gefragt. (Foto: Europabüro Thüringen)

Auch Deutschland wird hart von der Krise getroffen

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die EU-Mitgliedsländer erkennen, wie wichtig gerade in der Krise unsere zentralen europäischen Werte wie Solidarität und Subsidiarität sind. Der heftige Streit, der mit der Forderung vor dem Videogipfel der Staatschefs ausbrach, hatte in meinen Augen erneut zwei der größten virulenten Probleme der EU offenbart. Das eine ist so alt wie die EU selbst, wonach in der öffentlichen Meinung die EU immer für die Probleme und die nationale Regierung für die Erfolge verantwortlich ist. Italien hat dies oft bis an die Spitze getrieben.

Das zweite Phänomen ist neuerer Natur: Unter den jetzt 27 EU-Staaten ragt Deutschland politisch und wirtschaftlich unbestritten hervor. Deutschland will nicht der europäische Musterknabe sein. Deutschland ist aber auch nicht Europas Hegemon und will es auch künftig gar nicht sein. Auch in Deutschland wird die Wirtschaft von Corona gebeutelt. Und auch in Deutschland wird der Schuldenberg in schwindelerregende Höhe kräftig ansteigen. Auch Deutschland wird hart von der Coronakrise getroffen.

Für mich ist eines klar: Deutschland kann die EU nicht allein tragen, das gilt auch für die öffentliche Versschuldung einzelner EU-Mitgliedsländer. In manchen europäischen Hauptstädten, leider auch in Paris, herrschen mitunter überzogene Vorstellungen von den deutschen Möglichkeiten, sprich überzogene Erwartungen. Macron fordert beispielsweise für von Corona besonders betroffene Branchen und Regionen nicht nur Darlehen, sondern vielmehr Transferleistungen. In einem Punkt allerdings stimme ich Macron zu, wenn er auf die Größe des Corona-Schocks eine solidarische, organisierte und starke Antwort der EU fordert.

Genau daran werden wir Europapolitiker in der nächsten Zeit energisch und solidarisch arbeiten. Schnelle Hilfe ja, für Strukturdebatten wie Eurobonds oder Coronabonds haben wir aber jetzt gewiss keine Zeit.

delegation meeting, von der Leyen

Corona Spezial Nr. 3

EU – koordinierte Hilfen statt Alleingänge

Nach einem anfänglichen Fehlstart liegt die EU nun auf Kurs bei der Bewältigung der Coronapandemie. Kommissionspräsidentin von der Leyen hat sich für die mangelnde Solidarität der EU gegenüber dem von Corona am heftigsten gebeutelten Italien mit den Worten „zu wenig getan, zu spät reagiert“ entschuldigt. Italien fühlte sich – meiner Ansicht nach völlig zu Recht – zu Beginn des Ausbruchs allein gelassen. Ja, es stimmt: Die EU hätte Italien und Spanien  viel früher und viel mehr helfen müssen. Italien, Spanien, aber auch das Elsass und jüngst sogar Teile Belgiens liegen bis heute an der Spitze der Infizierten.

Meine Meinung ist in drei zentralen Punkten eindeutig:

  • Erstens muss die EU aktuell ihre Hilfe auf die am stärksten unter der Coronapandemie leidenden Länder und Regionen in der Europäischen Union konzentrieren. Aber alleine stehen Italien, auch Spanien heute wirklich nicht mehr.

  • Zweitens muss es unter den EU-Mitgliedern koordinierte Hilfen im Geiste der Solidarität und Subsidiarität statt nationale Alleingänge geben. Gemeinsames Handeln muss – gerade in Krisen- und Katastrophenfällen – zur Maxime in Europa werden. Unabgestimmte Grenzschließungen sollte es in der EU auch in Notfällen nicht geben.

  • Drittens: Was mich als Europaabgeordnete eines der neuen Länder in Rage bringt, ist die Tatsache, dass Präsident Orban unter dem Vorwand Corona demokratische Rechte des Parlaments einschränkt. Mit solchen Egoismen könnte Corona in der Tat zum Überlebenstest, zur Bewährungsprobe der EU werden.

Ich werde mich im Europäischen Parlament dafür einsetzen, dass manche EU-Mitgliedsstaaten nicht im Windschatten von Corona unbegrenzte Refinanzierungsmöglichkeiten für ihre seit Jahren angeschlagenen Staatshaushalte erhalten.

Coronabonds nach dem Vorbild der Eurobonds in der Finanzkrise wären über die Hintertür der Pandemie weder mit dem EU-Vertrag noch mit dem deutschen Verfassungs- und Haushaltsrecht vereinbar. Jetzt ist keine Totalrevision des europäischen Haushaltsrechts gefragt, sondern sofortige Hilfe im Rahmen des geltenden Europarechts. Alles andere wäre Instrumentalisierung der Coronakrise für sachfremde Zwecke.

Keine Frage: Allen EU-Staaten – auch Deutschland –  droht nach der Coronakrise eine Rezession und eine mehr oder weniger starke Schuldenkrise, wobei Deutschland dank seiner jahrelangen Haushaltsdisziplin und Wirtschaftskraft eine bessere Ausgangslage hat. Mit einer Vergemeinschaftung von Schulden über Coronabonds droht der EU wieder ein neuer Nord-Süd-Konflikt.

Die EU hat bisher folgende Maßnahmen ergriffen:

  • Corona-Rettungspaket von 540 Milliarden Euro, ein Beweis für die Handlungsfähigkeit der EU,

  • einen Wiederaufbaufonds,

  • einen EU-Corona-Krisenstab,

  • ein neues Grenzmanagement, das nationale Alleingänge gestoppt hat, freien Warenverkehr und Sonder-LKW-Spuren für überlebenswichtige Güter sowie Erleichterungen für Grenzpendler und Erntehelfer ermöglicht,

  • Entwicklung einer datenschutzkonforme Europa-Corona App,

  • ein Hilfspaket für die Wirtschaft und für Erhalt der Arbeitsplätze,

  • neue Regeln des Europäischen Rettungsschirms ESM. Demnach bietet die EU allen Mitgliedsstaaten nach gleichen Grundsätzen Kredite an. Es gibt nur eine Bedingung: Der Kredit muss in das Gesundheitswesen fließen. Wer ESM-Kredite bezieht, dem kann die EZB sogar mit unbegrenzten Mitteln helfen.

  • Bedauerlich nur, dass ausgerechnet das hilfsbedürftige Italien aus unbegründeter Angst vor einer Troika wie damals in Griechenland auf ihm zustehende 39 Milliarden Euro ESM-Kredite verzichten will. Das ist sicher nicht im Interesse der italienischen Corona-Patienten.

Auch hier vertrete ich eine klare Meinung: EU-Hilfsgelder für besonders gebeutelte Coronaländer wie Italien und Spanien sind nötig! Hilfe für Wirtschaft und Arbeit ja, aber keine Umverteilung und keine Haftungsunion durch die Hintertür.

Zur Bewältigung der Coronapandemie haben bisher alle Mitgliedsländer der EU und die EU insgesamt rund 2,7 Billionen Euro für Gesundheit, Arbeitsplätze und die Wirtschaft aufgebracht. Das kann sich weltweit sehen lassen. Diese gemeinsame Krisenreaktion Europas in Billionenhöhe ist weltweit beispiellos.

Es gibt unzählige Beispiele für gelebte europäische Solidarität in der Coronakrise.  So haben Frankreich mit einer Million Masken und 20.000 Schutzanzügen und Deutschland mit 300 Beatmungsgeräten das schwer getroffene Italien unterstützt. Tschechien hat 10.000 Schutzanzüge für Italien und Spanien bereitgestellt. Deutschland versorgt schwer kranke Coronapatienten aus Italien und Frankreich. Das ist die menschliche, die solidarische Seite Europas.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (re.) agiert künftig als Vorsitzende des COVID-19_Beraterstabs, dem namhafte Wissenschaftler angehören.

Wie geht es weiter?

Am 23. April gibt es erneut einen Videogipfel der EU-Staats- und Regierungschefs. Die Erwartungen daran sind hoch. Was die EU jetzt dringend braucht, ist ein durchdekliniertes Konzept zur Bekämpfung von Pandemien, Seuchen und Katastrophen, das unter Leitung eines EU-Krisenstabes die europäische, die nationale, die regionale und kommunale Ebene nach dem Subsidiaritätsprinzip und dem Solidaritätsprinzip angemessen einbezieht. Zentralismus ist auch in Krisenzeiten kein Heilmittel, aber wir benötigen eine engere Abstimmung der nationalen Maßnahmen.

Wichtiges Mittel im Umgang mit dem Virus sind angemessene Schutzausstattung und Testmöglichkeiten. Deshalb werden sich die Mitgliedstaaten im Rahmen der Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung zusammenschließen, um Schutzausrüstung, Beatmungsgeräte und Coronavirus-Testsets zu kaufen. So stärken sie ihre Stellung auf dem Weltmarkt. Damit die Produktion von Schutzausrüstung insgesamt hochgefahren werden kann, verständigten sich die Kommission und die europäischen Normungsorganisationen am 20. März darauf, allen interessierten Unternehmen die entsprechenden europaweiten Normen ausnahmsweise kostenlos in voller Länge zur Verfügung zu stellen.

Außerdem hat die Kommission einen Beraterstab zu COVID-19 eingesetzt, dem sieben hochangesehene Epidemiologen und Virologen aus der EU angehören. Sie sollen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse EU-Leitlinien für die Bewältigung der Epidemie erarbeiten und die im Bereich des Risikomanagements ergriffenen Maßnahmen koordinieren. Vorsitzende dieses Gremiums sind Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Stella Kyriakides, Kommissionsmitglied für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Corona Mundschutz HBF Erfurt

Corona Special Nr. 2 (April 2020)

Wirksame Schutzschilde und Corona-Hilfspakete der EU

Steht die EU vor einer Zerreißprobe? 13 EU-Mitgliedsstaaten, allen voran Italien und Spanien fordern im Sinne der europäischen Solidarität als rasche Hilfe gemeinsame Bonds, also gemeinsame europäische Kredite, sogenannte „Corona-Bonds“. Das erinnert an die Eurobonds in Zeiten der Finanzkrise. Diese waren aber ein langfristiges finanzpolitisches Instrument. Die aktuelle Notlage Italiens oder Spaniens kann man nicht mit der damaligen Finanzkrise Griechenlands vergleichen. Mag sein, dass es bei Corona-Bonds für begrenzte Zeit niedrigere Zinsen gibt. Das allein ist aber kein Grund, eine bisher tragende Säule der EU über Bord zu werfen: die Finanz- und Haushaltsstabilität. Gemeinsame Kreditaufnahmen könnten maximal eine einmalige Unterstützung und kein Dauermechanismus sein.

Die EU zeigt auf drei finanziellen Säulen wirksame Solidarität in der Coronakrise:

  • Die EU-Kommission bietet eine Rückversicherung in Höhe von 100 Milliarden Euro
  • Die Europäische Investitionsbank EIB stellt Bürgschaften in Höhe von 50 Milliarden Euro bereit
  • Der ESM (Europäischer Rettungsschirm) bietet eine Kreditlinie in Höhe von 410 Milliarden Euro.

In der Summe sind das 560 Milliarden Soforthilfe der EU zur Bewältigung der Coronakrise.

Also bitte keine langatmige Systemdebatte, sondern Solidarität sofort. Das ist auch meine persönliche Position, die ich im Europäischen Parlament vertreten werde! Die Corona-Pandemie hat auf regionaler, nationaler, europäischer und globaler Ebene alle bisherigen politischen Schwerpunkte verschoben. Corona wird zur Bewährungsprobe für die EU. Solidarität in der EU ist das Gebot der Stunde. Für Gesundheitspolitik sind bisher die EU-Mitgliedsländer, nicht die EU zuständig. Die EU hat keinen Nothilfemechanismus, der für einen Katstrophenfall wie die Corona-Pandemie geschaffen wäre. Das muss sich nach der Krise ändern. Die EU verfügt jedoch über alle Mittel, jenseits der unmittelbaren Nothilfe die Krise, vor allem die Kollateralschäden von Corona zu meistern. Dann schlägt die eigentliche Stunde der EU.

 

Das Tragen eines Mundschutzes ist eine von vielen derzeit diskutierten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus. Ebenso wichtig sind finanzpolitische Maßnahmen zum Schutz unserer wirtschaftlichen Grundlagen. (Foto @Europabüro Thüringen, C. Dube.)

 

Im Eilverfahren hat das Europäische Parlament – sogar mit E-Mail-Abstimmung – einen Europäischen Schutzschild zur Corona-Bekämpfung in Höhe von 65 Milliarden Euro aus Mitteln des Strukturfonds und Solidaritätsfonds zur Stärkung der Gesundheitssysteme und zur Sicherung der Lieferketten, der Versorgung und der Arbeitsplätze beschlossen. Dazu kommt die Hilfe bei der Zahlung von Kurzarbeitergeld, womit die EU die Belastung der Mitgliedstaaten mit 100 Milliarden abfedern wird. Von der Leyen hat schon früh egoistische Alleingänge einiger EU- Mitgliedsländer, etwa Exportverbote, Grenzkontrollen, Störungen des Binnenmarkts, Aufhebung von Lieferketten als unsolidarisch moniert.

Eins ist klar: die EU als Ganzes muss bei der Krisenreaktion nachsteuern. Die Maßnahmen müssen besser unter den Mitgliedländern koordiniert werden, diese müssen dazu aber auch bereit sein. Anfangs haben die Staaten jeweils unterschiedliche Programme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens und unterschiedliche Rettungsschirme zur Unterstützung der Wirtschaft entwickelt. In Zeiten der Globalisierung lassen sich Wirtschaftskreisläufe nicht mehr renationalisieren. Waren und Dienstleistungen müssen weiterhin Grenzen passieren können. Medikamente und medizinische Geräte müssen rasch ihr Ziel erreichen. Lieferketten dürfen nicht unterbrochen werden.

 

Medizinische Vorsorge und flexible Haushalte

Als Mitglied im Binnenmarkt- und Verbraucherausschuss des Europäischen Parlaments werde ich mich dafür stark machen, dass die Versorgung der Bürger in Katstrophenfällen, vor allem mit Medizingeräten und Medikamenten gewährleistet sein muss. Die EU sollte perspektivisch aus Lehre aus der Corona-Epidemie mit eigenen EU-Forschungsprogrammen einen Vorstoß unternehmen, dass Europa in der Arzneimittelproduktion nicht länger von Asien oder Indien abhängig ist. Die EU hat mit Ihren Hilfspaketen zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Haushaltsregeln der EU deutlich gelockert, damit nationale Regierungen mit ihren Programmen die heimische Wirtschaft unterstützen können. Die EU plant sogar die Aussetzung der Defizitregel. Erstmals aktiviert die EU-Kommission die „allgemeine Ausweichklausel“ im EU-Stabilitätspakt. Bei schwerem Wirtschaftsabschwung könnten die EU-Haushaltsvorgaben insgesamt ausgesetzt werden.

Mein Fazit: Fundamentale Probleme oder Gefahren wie gegenwärtig die Corona-Pandemie sind heute in der Zeit der Globalisierung nur mit internationaler Zusammenarbeit im Geiste des Multilateralismus zu lösen. Internationale Solidarität muss in Katstrophenfällen endlich zur Normalität werden. Da steht auch die EU noch vor gewaltigen Herausforderungen.
Die Coronakrise ist global und muss auch global bekämpft werde, über die EU-Grenzen hinaus.


Überblick über die wichtigsten EU-Maßnahmen zur Corona-Pandemie

Gesundheit und Forschung

  • Corona-Reaktionsteam aus fünf Kommissarinnen und Kommissaren für das Krisenmanagement
  • Beratergremiums aus sieben Epidemiologen und Virologen aus sechs EU-Staaten
  • Ausfuhrgenehmigung für Schutzausrüstungen in Drittländer
  • 50 Mio Euro für Krankenhaus-Ausrüstung
  • Harmonisierte Normen für Medizinprodukte
  • 38 Mio Euro für Impfstoff-Forschung

Wirtschaft und Finanzen

  • Programm „Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise (vom 13. März 2020)
  • Flexibilität des Beihilferahmens (Löhne, Steuern, Zuschüsse, Darlehen)
  • Flexibilität des europäischen Finanzrahmens
  • Mobilisierung des EU-Haushalts (z.B. EU-Invest)
  • Investitions-Initiative COVID-19 (37 Mrd. Euro aus Kohäsionspolitik)
  • EU-Programme für Kurzarbeit, Fortbildung und Umschulung
  • Neuer mehrjähriger Finanzrahmen und Konjunkturpaket im neuen Mehrjahreshaushalt
EU beschließt

Corona-Special

EU ist handlungsfähig in der Krise – Corona macht nicht an Grenzen halt

Liebe Thüringerinnen und Thüringer,

aus Brüssel oder Straßburg kann ich heute nicht direkt berichten. Denn: Die EU arbeitet wegen Corona überwiegend im Home Office-Modus und per Videokonferenzen. Das Europaparlament lässt nun Abstimmungen per Email zu. Ausschüsse und Fraktionen können im Tele-Verfahren tagen. Demokratie darf nicht vom Virus lahmgelegt werden. Die EU hat gezeigt: Europa ist gerade in Krisenzeiten handlungsfähig und entschlossen. Das Corona-Virus kennt keine nationalen Grenzen. Es lässt sich nur europäisch, ja nur global bekämpfen. Gegenwärtig liegt das Epizentrum der Coronakrise in Europa. Italien beklagt mit rund 3.400 Corona-Toten mehr Virusopfer als China. Die EU steht vor ihrer bisher größten Bewährungsprobe. Die Corona-Bekämpfung ist umso wirksamer, je mehr Staaten in der EU und weltweit zusammenarbeiten.

Die Coronakrise wird auch ein Lackmustest darüber sein, welche Staaten die besseren Krisenmanager sind: offene, freiheitlich Staaten oder autoritäre bzw. totalitäre Systeme. Die EU setzt auf Freiheit und Verantwortung zugleich. Nur im Notfall auf Zwang, zuerst auf Vernunft der Menschen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ebenso wie Kommissionpräsidentin von der Leyen in diesem Sinne wachgerüttelt. Beide haben deutlich gemacht: Die Bedrohung ist ernst. Es kommt auf jeden einzelnen an. Wenn aber einige mit Coronapartys oder Feiern im Park sich einfach rücksichtslos ihre Freiheit nehmen, werden alle die Freiheit verlieren. Dann wird es nicht nur in Italien Ausgangssperren geben müssen.

Frau mit Mundschutz

EU beschließt “Maßnahmen auf europäischer Ebene zur Bekämpfung der Auswirkungen des Corona-Virus (COVID 19)”

Was tut die EU zur Bekämpfung des Corona-Virus?

Schon Anfang März hat die EU 25 Milliarden Euro für das Gesundheitswesen und betroffene Wirtschaftszweige sowie 50 Millionen Euro für Forschungsarbeiten zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus zur Verfügung gestellt. Jetzt hat die EU einen Katalog von “Maßnahmen auf europäischer Ebene zur Bekämpfung der Auswirkungen des Corona-Virus (COVID 19)” der Öffentlichkeit präsentiert. Auch wenn Gesundheitspolitik primär in die Zuständigkeit der Mitgliedsländer fällt, arbeitet der EU Krisenstab auf Hochtouren. Es gilt die Devise der Kommissionspräsidentin von der Leyen: „EU will do whatever ist necessary“. Ja, die EU tut alles, was notwendig ist, was Not tut.


Dafür einige Beispiele:
  • Vorübergehende Einschränkungen nicht notwendiger Einreisen in die EU für vorerst 30 Tage
  • Leitlininen zu Kontrollen an den Binnengrenzen. Die Bilder der Kilometer langen LKW -Schlange an den polnischen Grenzen oder am Brenner lehren uns: Trotz Kontrollen muss der Europäische Binnenmarkt am Leben gehalten werden, für unsere Gesundheit, für unsere Wirtschaft, für die Güter des medizinischen und täglichen Bedarfs. Es muss Ausnahmen für die Kontrollen geben. Dazu gehören der Kommissionspräsidentin zufolge Ausländer, die schon lange in der EU leben, Familienmitglieder von EU-Bürgern sowie Diplomaten. Zudem soll die Beschränkung nicht für das Transportgewerbe sowie Berufsgruppen gelten, die sich mit dem Kampf gegen die Epidemie beschäftigen.
  • Unterstützung eines Tübinger Impfstoffentwicklers mit 80 Mio Euro
  • Ausfuhrgenehmigung für medizinische Schutzausrüstungen an Drittstaaten
  • Acht Milliarden Euro für eine Garantie des Europäischen Investitionsfonds zur Unterstützung von rund 100.000 europäischen kleinen und mittleren Unternehmen, dieses Budget soll noch aufgestockt werden
  • Beschleunigtes gemeinsames Beschaffungsverfahren im Katastrophenschutz
  • 37 Mrd Euro aus der Kohäsionspolitik zur Bekämpfung der Corona-Krise
  • Finanzielle Unterstützung von Ländern, über deren EU-Beitritt verhandelt wird, die von einer größeren Notlage in der öffentlichen Gesundheit betroffen sind
  • Und ganz aktuell: Notankaufprogramm der EZB in Höhe von 750 Mrd Euro, um die Eurozone zu sichern und in Zeiten der Rezession Liquidität für die Wirtschaft zu sichern

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

auch in Krisenzeiten gilt: Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts. Noch wichtiger aber sind Solidarität, Mitmenschlichkeit, Gemeinsinn, die Verbindung von Freiheit und Verantwortung, also genau die Werte, die den Kern der EU bilden. Deutschland hat ein weltweit vorbildliches Gesundheits- und Sozialsystem. Jetzt wäre aber auch die Stunde zu erkennen, dass es im deutschen Interesse liegt, wenn Europa eine stärkere fiskalpolitische Schlagkraft entwickelt. Jetzt schlägt die Stunde des Europäischen Stabilitätsmechanismus.

Mein besonderer Dank gilt schließlich all denen, die als Akteure an vorderster Front stehen: dem Personal im Gesundheitswesen, in den Praxen, in den Kliniken und Apotheken und in der Pflege, im Katastrophenschutz bis hin zu den mutigen Menschen an den Kassen der Lebensmittelgeschäfte, der Sanitätshäuser. Sie alle verdienen unseren höchsten Respekt. Und noch eine Bitte zum Schluss. Glauben Sie der Wissenschaft und nicht den Verschwörungstheorien in den gar nicht so sozialen Medien. Bleiben Sie gesund. Schützen Sie sich und schützen Sie damit alle!

Ich werde Sie mit meinem Corona Special weiterhin auf dem Laufenden halten!

 

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Marion Walsmann - Für Thüringens Zukunft in Europa.
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