Walsmann: „Nachträgliche Verschiebung oder Absage des Brexit sollte möglich gemacht werden“
Brüssel. Die Europaabgeordnete aus Thüringen, Marion Walsmann (CDU), plädiert für eine einseitige Verlängerung des Austritt Großbritanniens aus der EU durch die europäische Staatengemeinschaft. „Wir sollten prüfen, ob es Wege gibt, den Briten die Tür für einen geordneten Brexit oder eine Rücknahme der Entscheidung für weitere drei Monate offen zu halten.“ Hintergrund ihrer Anregung sei der aktuelle Verfassungskonflikt in Großbritannien.
„Wenn Großbritannien am Ende die EU nur deswegen im Chaos verlassen muss, weil ein Premierminister ohne Mandat und Mehrheit im Unterhaus die ungeschriebenen Gesetze des House of Commons überdehnt, sollten wir der Mehrheit des Parlaments helfen. Auch in unserem eigenen europäischen Interesse“, so Walsmann. Die Möglichkeit das Parlament zu beurlauben, setze voraus, dass der Premierminister die Mehrheit des Unterhauses hinter sich weiß. Das ist seit gestern nicht mehr der Fall, so Walsmann weiter: „Als leidenschaftliche Parlamentarierin bin ich der festen Überzeugung, dass das EU-Parlament keine Initiative unversucht lassen sollte, unseren britischen Abgeordnetenkollegen in dieser Situation solidarisch beiseite zu stehen.“

Am Rande des Meinungsaustauschs mit Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen am 4. September in der EVP-FRaktion, übermittelte Marion Walsmann auch einige Thüringer Anliegen.
Rechtliches Neuland – wie vieles beim Brexit
Rechtlich sei es natürlich so, dass Großbritannien ohne rechtswirksamen gegenteiligen Beschluss die EU zum 31. Oktober auch ohne Vertrag verlässt. Doch weil auch in den Wochen danach die in Großbritannien geltenden Normen, Gesetze und Verordnungen weitgehend mit dem europäischem Richtlinienwerk übereinstimmen werden, sollte die Europäische Union prüfen, ob etwa auf Zoll- und Personenkontrollen seitens der EU bis zum Jahresende verzichtet werden könne. Auch könne man den Briten anbieten, dass sie innerhalb dieser gesetzten Frist nachträglich den Brexit erneut verschieben oder ohne größere rechtliche Hürden verschieben dürfen. „In diesem Falle müsse es aber einen Fahrplan geben, der den dreijährigen Schwebezustand hinsichtlich eines Austritts oder eines Verbleibs abschließend regelt“, forderte Walsmann.
Die stellvertretende Vorsitzende des Justizausschusses im Europäischen Parlament ist sich bewusst, dass ihrem Vorschlag schwierige Rechtsfragen entgegenstehen: „Wir sollten prüfen, ob und wie das gelingen könnte. Es wäre rechtliches Neuland – wie allerdings alles beim Brexit.“