Wirksame Schutzschilde und Corona-Hilfspakete der EU
Steht die EU vor einer Zerreißprobe? 13 EU-Mitgliedsstaaten, allen voran Italien und Spanien fordern im Sinne der europäischen Solidarität als rasche Hilfe gemeinsame Bonds, also gemeinsame europäische Kredite, sogenannte „Corona-Bonds“. Das erinnert an die Eurobonds in Zeiten der Finanzkrise. Diese waren aber ein langfristiges finanzpolitisches Instrument. Die aktuelle Notlage Italiens oder Spaniens kann man nicht mit der damaligen Finanzkrise Griechenlands vergleichen. Mag sein, dass es bei Corona-Bonds für begrenzte Zeit niedrigere Zinsen gibt. Das allein ist aber kein Grund, eine bisher tragende Säule der EU über Bord zu werfen: die Finanz- und Haushaltsstabilität. Gemeinsame Kreditaufnahmen könnten maximal eine einmalige Unterstützung und kein Dauermechanismus sein.
Die EU zeigt auf drei finanziellen Säulen wirksame Solidarität in der Coronakrise:
- Die EU-Kommission bietet eine Rückversicherung in Höhe von 100 Milliarden Euro
- Die Europäische Investitionsbank EIB stellt Bürgschaften in Höhe von 50 Milliarden Euro bereit
- Der ESM (Europäischer Rettungsschirm) bietet eine Kreditlinie in Höhe von 410 Milliarden Euro.
In der Summe sind das 560 Milliarden Soforthilfe der EU zur Bewältigung der Coronakrise.
Also bitte keine langatmige Systemdebatte, sondern Solidarität sofort. Das ist auch meine persönliche Position, die ich im Europäischen Parlament vertreten werde! Die Corona-Pandemie hat auf regionaler, nationaler, europäischer und globaler Ebene alle bisherigen politischen Schwerpunkte verschoben. Corona wird zur Bewährungsprobe für die EU. Solidarität in der EU ist das Gebot der Stunde. Für Gesundheitspolitik sind bisher die EU-Mitgliedsländer, nicht die EU zuständig. Die EU hat keinen Nothilfemechanismus, der für einen Katstrophenfall wie die Corona-Pandemie geschaffen wäre. Das muss sich nach der Krise ändern. Die EU verfügt jedoch über alle Mittel, jenseits der unmittelbaren Nothilfe die Krise, vor allem die Kollateralschäden von Corona zu meistern. Dann schlägt die eigentliche Stunde der EU.

Das Tragen eines Mundschutzes ist eine von vielen derzeit diskutierten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus. Ebenso wichtig sind finanzpolitische Maßnahmen zum Schutz unserer wirtschaftlichen Grundlagen. (Foto @Europabüro Thüringen, C. Dube.)
Im Eilverfahren hat das Europäische Parlament – sogar mit E-Mail-Abstimmung – einen Europäischen Schutzschild zur Corona-Bekämpfung in Höhe von 65 Milliarden Euro aus Mitteln des Strukturfonds und Solidaritätsfonds zur Stärkung der Gesundheitssysteme und zur Sicherung der Lieferketten, der Versorgung und der Arbeitsplätze beschlossen. Dazu kommt die Hilfe bei der Zahlung von Kurzarbeitergeld, womit die EU die Belastung der Mitgliedstaaten mit 100 Milliarden abfedern wird. Von der Leyen hat schon früh egoistische Alleingänge einiger EU- Mitgliedsländer, etwa Exportverbote, Grenzkontrollen, Störungen des Binnenmarkts, Aufhebung von Lieferketten als unsolidarisch moniert.
Eins ist klar: die EU als Ganzes muss bei der Krisenreaktion nachsteuern. Die Maßnahmen müssen besser unter den Mitgliedländern koordiniert werden, diese müssen dazu aber auch bereit sein. Anfangs haben die Staaten jeweils unterschiedliche Programme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens und unterschiedliche Rettungsschirme zur Unterstützung der Wirtschaft entwickelt. In Zeiten der Globalisierung lassen sich Wirtschaftskreisläufe nicht mehr renationalisieren. Waren und Dienstleistungen müssen weiterhin Grenzen passieren können. Medikamente und medizinische Geräte müssen rasch ihr Ziel erreichen. Lieferketten dürfen nicht unterbrochen werden.
Medizinische Vorsorge und flexible Haushalte
Als Mitglied im Binnenmarkt- und Verbraucherausschuss des Europäischen Parlaments werde ich mich dafür stark machen, dass die Versorgung der Bürger in Katstrophenfällen, vor allem mit Medizingeräten und Medikamenten gewährleistet sein muss. Die EU sollte perspektivisch aus Lehre aus der Corona-Epidemie mit eigenen EU-Forschungsprogrammen einen Vorstoß unternehmen, dass Europa in der Arzneimittelproduktion nicht länger von Asien oder Indien abhängig ist. Die EU hat mit Ihren Hilfspaketen zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Haushaltsregeln der EU deutlich gelockert, damit nationale Regierungen mit ihren Programmen die heimische Wirtschaft unterstützen können. Die EU plant sogar die Aussetzung der Defizitregel. Erstmals aktiviert die EU-Kommission die „allgemeine Ausweichklausel“ im EU-Stabilitätspakt. Bei schwerem Wirtschaftsabschwung könnten die EU-Haushaltsvorgaben insgesamt ausgesetzt werden.
Mein Fazit: Fundamentale Probleme oder Gefahren wie gegenwärtig die Corona-Pandemie sind heute in der Zeit der Globalisierung nur mit internationaler Zusammenarbeit im Geiste des Multilateralismus zu lösen. Internationale Solidarität muss in Katstrophenfällen endlich zur Normalität werden. Da steht auch die EU noch vor gewaltigen Herausforderungen.
Die Coronakrise ist global und muss auch global bekämpft werde, über die EU-Grenzen hinaus.
Überblick über die wichtigsten EU-Maßnahmen zur Corona-Pandemie
Gesundheit und Forschung
- Corona-Reaktionsteam aus fünf Kommissarinnen und Kommissaren für das Krisenmanagement
- Beratergremiums aus sieben Epidemiologen und Virologen aus sechs EU-Staaten
- Ausfuhrgenehmigung für Schutzausrüstungen in Drittländer
- 50 Mio Euro für Krankenhaus-Ausrüstung
- Harmonisierte Normen für Medizinprodukte
- 38 Mio Euro für Impfstoff-Forschung
Wirtschaft und Finanzen
- Programm „Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise (vom 13. März 2020)
- Flexibilität des Beihilferahmens (Löhne, Steuern, Zuschüsse, Darlehen)
- Flexibilität des europäischen Finanzrahmens
- Mobilisierung des EU-Haushalts (z.B. EU-Invest)
- Investitions-Initiative COVID-19 (37 Mrd. Euro aus Kohäsionspolitik)
- EU-Programme für Kurzarbeit, Fortbildung und Umschulung
- Neuer mehrjähriger Finanzrahmen und Konjunkturpaket im neuen Mehrjahreshaushalt