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Besuch beim Informationstechnikbataillon 383

Besuch des Informationstechnikbataillon 383 in der Henne Kaserne. Herzlichen Dank für den Dienst, den unsere Bundeswehrsoldatinnen und Soldaten für uns alle leisten. Unabhängig von Feiertagen und Festtagen sorgen sie für unsere Sicherheit. Heute habe ich mich von Herzen dafür bedankt.

Rechts Major Arno Tegen, Kompaniechef und links Herr Oberstleutnant Becker, sowie evangelischer Militärseelsorger Johannes Richter und die Wachmannschaft des Batallion.

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Besuch bei der Feuerwehr Erfurt

Am Vormittag des Heiligen Abends habe ich, gemeinsam mit Oberbürgermeister Andreas Bausewein, Sicherheitsbeigeordneter Andreas Horn, Torsten Frenzel vom Stadtfeuerwehrverband, SPD-Kreisvorsitzenden Raik-Steffen Ulrich und Stadtrat Daniel Mroß, die Feuerwehr Erfurt besucht und das Friedenslicht aus Bethlehem übergeben.

Dank ihrer tagtäglichen, lebenswichtigen Arbeit und ihrem Einsatz und Engagement, dank dessen wir sicherer Feiertage verbringen können, habe ich mich herzlich bedankt und einen kleinen Gruß vorbeigebracht. Anschließend wurde uns ein Einblick in die Wache gewährt und wir durften gemeinsam mit der diensthabenden Wachabteilung zusammen Mittagessen.

Neue EU-Verordnung zur Produktsicherheit

Nach über 8 Stunden haben wir uns im Trilogue zur Allgemeinen Produktsicherheits-Verordnung einigen können. Gemäß der neuen Einigung wird es in Zukunft noch einfacher sein, unsichere und gar gefährliche Produkte schneller vom Markt zu nehmen, um so unsere Verbraucherinnen und Verbraucher noch besser zu schützen.

Auch die Tagesschau hat hierzu berichtet:

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/eu-produktsicherheit-einigung-101.html

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Konferenz zur Zukunft des Weimarer Dreiecks: Erstmalige Zusammenkunft von Europaabgeordneten im Weimarer Dreieck Format

Am vergangenen Donnerstag begann in Weimar die Konferenz zur Zukunft des Weimarer Dreiecks. Europaabgeordnete aus Frankreich, Polen und Deutschland nahmen den Weg in die historische Kulturstadt auf sich, um gemeinsam die Zukunft jenes historischen und dennoch hochaktuellen Triangel-Formats zu beratschlagen. Das Weimarer Dreieck stellte nicht nur vor über drei Jahrzehnten einen Meilenstein in der Zusammenarbeit der drei Länder dar, sondern ist auch heute noch Dreh- und Angelpunkt vieler zivilgesellschaftlicher Verbände und Vereinigungen, die sich im Rahmen der europäischen Verständigung engagieren.

Passend hierzu wurde die Konferenz mit der Verleihung der Europa-Medaille an den Weimarer Oberbürgermeister Peter Kleine eingeläutet, der für seine Verdienste für das Weimarer Dreieck geehrt wurde. Die Europaabgeordnete Marion Walsmann (CDU/EVP) hob in ihrer Laudatio auf Peter Kleine die große Bedeutung der Stadt Weimar sowie ihres Oberbürgermeisters für das Triangel-Format hervor. Der französische Abgeordnete des Europäischen Parlaments Francois-Xavier Bellamy betonte in seiner Rede ebenso wie sein polnischer Amtskollege Janusz Lewandowski den Willen beider Nationen, ihre Zusammenarbeit für das Weimarer Dreieck zu vertiefen und weiter zu verstärken.

Auf der Konferenz, an der auch eine Abordnung von Schülern des in Weimar befindlichen Humboldt-Gymnasiums teilnahmen, wurde vom Vorsitzenden des Vereins des Weimarer Dreiecks e.V., Herrn Dieter Hackmann, die Vision eines europäischen Dachverbandes in Form einer Genossenschaft vorgestellt, der alle Vereine und zivilgesellschaftlichen Akteure vereinen soll, die in den drei Ländern an der Stärkung der Zusammenarbeit arbeiten. Die anwesenden Europaabgeordneten einigten sich darauf, das Projekt weiter zu verfolgen und in naher Zukunft erneut zusammen zu treten, um das Weimarer Dreieck als Institution offiziell ins Leben zu rufen. Die große Bedeutung der Konferenz zeigt sich auch in der Tatsache, dass die CDU/CSU-Gruppe in der EVP die trilaterale Zusammenarbeit erstmalig auf die parlamentarische Ebene gebracht hat. Dies verdeutlicht nicht nur den gemeinsamen Willen der Beteiligten, sondern zeugt auch vom vitalen Geist des Weimarer Dreiecks selbst, der getragen wird von dem Wunsch, die europäische Zusammenarbeit weiter auszubauen und zu verstärken.

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Europadialog in Mühlhausen

Unter dem Titel „Was braut sich zusammen in Europas Küchen?“ fand am vergangenen Samstag unser Europadialog in Mühlhausen statt. Getreu dem Titel der Veranstaltung erwartete die Besucher ein europäisches Buffet – mit französischem Flammkuchen, italienischer Lasagne, kroatischen Cevapcici und vielen weiteren kulinarisch vertretenen Nationen.

Die anwesenden Gäste diskutierten über die Herausforderungen, mit denen sich Deutschland und Europa derzeitig konfrontiert sehen. Nicht nur Corona und die Folgen der Pandemiebekämpfung, sondern erschwerend auch der Krieg in der Ukraine haben eine völlig neue Situation geschaffen, in der sich Deutschland, vor allem aber auch Europa behaupten müssen. Dies war der Ausgangspunkt, den die teilnehmenden Gäste als Diskussionsstartpunkt fanden.

Der Bundestagsabgeordnete Christian Hirte MdB berichtete von den neusten Entwicklungen bei den Verhandlungen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit Gas und Strom, die im Deutschen Bundestag derzeit debattiert wird. Die ehemalige Landtagsabgeordnete Elke Holzapfel wies darauf hin, dass bei aller Entscheidungsfindung in Brüssel und Berlin auch die Landesebene nicht vergessen werden dürfe. Wertvolle Impulse brachten auch die Kommunalpolitiker Jane Kroll und Jeremi Schmalz ein, die darauf hinwiesen, wie wichtig es sei, die Rückkopplung der Politik zu den Bürgerinnen und Bürgern zu bewahren und ihre Wünsche und Sorgen Ernst zu nehmen.

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Das Energie-Dilemma – ein spannendes Europa-Gespräch

Das Europa-Gespräch des Politischen Bildungsforums Thüringen am 10. Oktober in Weimar – das war eine Veranstaltung, die aktueller und dringlicher nicht hätte sein können. Nicht nur, weil gerade wenige Stunden zuvor die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gas und Wärme“ ihren Drei-Punkteplan vorgestellt hatte, sondern weil rund 50 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer als direkt Betroffene der Energiekrise auf  die Ergebnisse des Impulsreferats und der Podiumsdiskussion der Experten sehr gespannt waren. Dementsprechend groß war auch der Andrang bei der abendlichen Diskussionsrunde.

Die Landesbeauftragte der Konrad Adenauer-Stiftung in Thüringen, Maja Eib, umriss die Ziele des neuen Formats “Europa-Gespräch“ so: Hier „fragen wir nach, was die Bürger und Unternehmen in den kommenden Monaten erwartet und welche Lösungen die Politik auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene anstrebt.“ Dass Bürgernähe und Europa kein Widerspruch sind, wurde an diesem Abend deutlich, als die Landesvorsitzende der Europäischen Bewegung Thüringen, die Europaabgeordnete Marion Walsmann MdEP, eine fachliche Einführung in das Thema vornahm.

In der Tat, es waren bedeutende politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ebenen bei der Podiumsdiskussion vertreten:

Marion Walsmann, Europaabgeordnete und frisch gewählte Vorsitzende der Europäischen Bewegung Thüringen, moderierte das Europagespräch. In ihrem Impulsreferat zeigte sie die Bedeutung des europäischen Grüne Deal​​s auf. Er zielt darauf ab, die Klima-, Energie-, Verkehrs- und Steuerpolitik der EU so zu gestalten, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden, mit dem Ziel, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, wie es im Europäischen Klimagesetz​​ als verbindliche Verpflichtung festgelegt ist. Die Energieziele sind entscheidend: Erzeugung sauberer Energie durch technologische Forschung und Innovation sowie Investitionen in renovierte, energieeffiziente Gebäude. Die EU-Staaten müssen endlich eine Einkaufsgemeinschaft bilden, so die Forderung von Walsmann. Alle Kraftwerke Europas sollten Energie liefern, jede Kilowattstunde zähle, es dürften in der EU keine innerstaatlichen Energiegrenzen gelten. Zudem beteuerte sie den Willen, den auch die Kommissionspräsidentin Von der Leyen in ihrer State of the Union Rede zum Ausdruck gebracht hatte, die Bürgerinnen und Bürger Europas in dieser Krise nicht alleine zu lassen.

Ramona Ballod von der Verbraucherzentrale Thüringen warnte vor übertriebener Panik und vor zunehmender Verunsicherung der Bürger. Energie sparen, das sei derzeit für alle das Gebot der Stunde. Sie plädierte für Solidarität untereinander und fairen Umgang miteinander, auf allen Ebenen.

Jörn Otto, Geschäftsführer der Stadtwerke Weimar, sieht die Wirtschaftsunternehmen derzeit an ihrer finanziellen Leistungsgrenze. Energiepolitik müsse verlässlich sein, die Bürger erwarten Klartext. Bei zunehmendem Trend zu Wärnepumpen und Photovoltaik-Anlagen müssen aber strikt auf Netzstabilität geachtet werden, das sei das A und O der Energieversorgung. Netztransparenz sei enorm wichtig. Auf die kommunalen Energieunternehmen sei Verlass.

Martin Kammer: Hauptgeschäftsführer des Landesverbands Thüringen des Verkehrsgewerbes, zeigte in drastischen Worten das aktuelle Dilemma, in der sich die rund 10.000 Beschäftigten des Thüringer Verkehrsgewerbes, vor allem Bus- und LKW-Transportunternehmen sowie Taxiunternehmen, aktuell in der Energiekrise befinden. Die hohen Kraftstoffpreise und die gestörten Produktions- und Lieferketten bei der Ad Blue-Herstellung, machen seinem Verband schwer zu schaffen.

Klaus von der Weiden, Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, appellierte in der regen Diskussionsrunde dafür, auch in Krisenzeiten die Bürokratie nicht vorschnell und pauschal für alle möglichen Probleme verantwortlich zu machen. Da sei eine differenzierte und faire Betrachtung der Dinge notwendig. Vernunft und Augenmaß gelten auch in Problemzeiten. 

Alles in allem, eine hoch interessante, spannende und lehrreiche Veranstaltung. Das war das Fazit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Get-together-Runde am Ende. Hierbei traten Bürgerinnen und Bürger, die der Diskussion gelauscht hatten, in den direkten Austausch zu den Referenten, berichteten von ihren eigenen Erfahrungen und stellten fachliche Fragen, die sie aus eigenem oder generellen Interesse antrieben. Dies stellt die erste von mehreren Diskussionsrunde dar, die hoffentlich ebenfalls großen Anklang finden werden. Die Europaabgeordnete zeigt sich zufrieden: “Das große Interesse der Thüringer Bürgerinnen und Bürger zeigt mir, dass auch Europa in der aktuellen Krise einen neuen Stellenwert erhält. Die Zeiten, in denen das angebliche Bürokratiemonster beschworen wurde, sind vorbei. Auch in Brüssel wurden die Zeichen der Zeit erkannt.”

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Austausch in Hermsdorf

Im Rahmen meiner Wahlkreistour habe ich mich mit Benny Hofmann, dem Bürgermeister von Hermsdorf, getroffen. Wir sprachen über die Schwierigkeiten, denen sich die in Hermsdorf angesiedelten Unternehmen gegenübersehen und welche Hilfe auf europäischer Ebene jetzt benötigt wird. Auch die Belastungen der kommunalen Ebene, angefangen von Corona bis hin zur sich anbahnenden Energiekrise, waren Thema.

Mir ist es wichtig, stets einen engen Austausch mit der kommunalen Ebene zu pflegen. Dort ist der Motor unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft angesiedelt und gerade hier müssen wir von Europa aus Unterstützung leisten.

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Landeserntedankfest

Heute haben wir im Augustinerkloster das Landeserntedankfest gefeiert.

Gemeinsam mit dem Thüringer Bauernverband, dem Landfrauenverband, Ministerpräsident und Ministern haben wir all jenen gedankt, die dafür sorgen, dass unser Tisch gedeckt ist und niemand Hunger leiden muss.

Die Parlamentarier waren mit der Vizepräsidentin des Thüringer Landtags Madeleine Henfling, der Vorsitzenden des Agrarausschusses Christina Tasch und Thomas Kemmerich sowie mir aus dem Europaparlament gut vertreten.

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Deutsche Einheit und Europäische Gemeinschaft gehören zusammen

Ohne Europa wäre die Deutsche Einheit nicht möglich gewesen. Beide greifen wie zwei Zahnräder ineinander. Helmut Kohl, dem Kanzler der Einheit, ist es 1990 dank seiner weitsichtigen Europapolitik und geschickten Diplomatie gegenüber den Alliierten gelungen, den europäischen Kontinent mit der Wiedervereinigung des geteilten Deutschland zu versöhnen. Ich habe Helmut Kohl persönlich erstmals am 20. Februar 1990 erlebt. Als damaliger Bundeskanzler sprach Kohl vor den ersten freien Wahlen in der DDR vor etwa 100.000 begeisterten Menschen auf dem Erfurter Domplatz. Dieser Ort hatte Symbolcharakter. Schließlich waren die Kirchen der Motor der Friedlichen Revolution, die schon weit vor 1989 in Erfurt mit den Donnerstagsgebeten begonnen hatte und sich mit den Montagsgebeten in vielen Kirchen der DDR fortgesetzt hatte.

Der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 als Symbol der deutschen Teilung und der Unfreiheit, die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen mit den vier Alliierten Mächten ab 5. Mai sowie die Unterzeichnung des Einigungsvertrages am 3. Oktober 1990 führten zur Wiedervereinigung des geteilten Deutschland in Frieden und Freiheit. Damit war das Jahrhundertproblem des 20. Jahrhunderts gelöst: die deutsche Frage.

Abschied von der bipolaren Weltordnung

Das war zugleich das Ende des Kalten Krieges und des Eisernen Vorhangs mitten durch Europa. Und das war der Abschied von der bipolaren Weltordnung. Die Zugehörigkeit des vereinten Deutschland zum Atlantischen Bündnis – heute wieder hoch aktuell – nahm der Welt die Sorge vor deutscher Großmachtpolitik. Das wiedervereinigte Deutschland war fest eingefügt in die westliche Allianz und in die Europäische Gemeinschaft. 

Und Thüringen wurde wieder Freistaat im föderalen Gefüge der Bundesrepublik Deutschland. Dass Thüringen 2022 die Zentralen Feierlichkeiten unter dem einzigem Linken als Ministerpräsident und derzeitigem Bundesratspräsident durchführt, das hätten wir uns 1990 nicht einmal im Traum vorstellen können.

Im Jahr 2022 erinnern wir an 30 Jahre Maastricht-Vertrag, der die frühere Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in die Europäische Union (EU) umgewandelt hat. Vor wenigen Wochen ist Gorbatschow gestorben. Als größter Reformer des 20. Jahrhunderts hat er mit seinen freiheitlichen Ideen Perestroika und Glasnost den Weg zur Deutschen Einheit bereitet. Nicht auszudenken, wenn ein Diktator wie Putin damals die damalige Sowjetunion beherrscht hätte. Mit Putins brutalem und völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen die Ukraine tobt mitten in Europa wieder ein fürchterlicher Krieg.

Das traurige Ende von 77 Jahren Friedensordnung in Europa

Was nicht nur mich persönlich als Europaabgeordnete besonders bedrückt, das ist die Tatsache, dass dieser Angriffskrieg gegen die Ukraine und letztlich gegen die Werteordnung der gesamten westlichen Welt letztlich das Ende von 77 Jahren Friedensordnung in Europa bedeutet. Das werden einst die Historiker in den Geschichtsbüchern festhalten. Für mich war die Europäische Union schon immer weit mehr als eine wirtschaftliche und politische Union souveräner Staaten. Die EU war für mich von Anfang an eine Werteunion und Friedensunion. 

Doch nach 77 Jahren Weltmachtfrieden, dem längsten der Staatengeschichte, ist das Unvorstellbare, das Unfassbare zurück: ein Krieg mitten in Europa, entstanden aus einem ideologischen Großmachtwahn. Putin will das Rad der Geschichte mit Gewalt zurückdrehen.

Es steht nicht allein die Ukraine auf dem Spiel, sondern die Friedensordnung Europas und der westlichen Welt. Die mutigen Ukrainer verteidigen auch unsere freiheitliche Werteordnung. 

„Du magst am Krieg nicht interessiert sein“, so hat es einmal Leon Trotzki gesagt, „aber der Krieg interessiert sich für dich“. Genau das ist die fatale Realität heute. Putins Raubzug gegen die Ukraine läuft seit Jahren mit dem Höhepunkt des Angriffskrieges gegen die Krim. Doch der des Kalten Krieges überdrüssige Westen hatte Carl von Clausewitz Diktum völlig verdrängt: „Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln unter Beimischung von Blei“. Und aus dem Blei der Gewehrkugeln sind heute ferngesteuerte Raketen geworden mit nie gekannter Zerstörungsmacht.

Und wir hatten bei uns in Deutschland Jahrzehnte lang die „Friedendividende“ kassiert, wir hatten die Bundeswehr nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa verkommen lassen, wir hatten die edle, vornehme Kultur der Zurückhaltung als höchste Moral zelebriert. Doch immerhin ist heute Realismus auch zum moralischen Prinzip geworden. Bundeskanzler Olaf Scholz hat dafür den Begriff „Zeitenwende“ geprägt. Neuere Umfragen bestätigen das Wunder, das  der Ukrainekrieg in den Köpfen und Umfragen der Deutschen ausgelöst hat.

 „Russlandversteher“ tummeln sich fast nur noch bei der AfD und bei großen Teilen der Linken.

Interessant war es für mich, den Kommentar des großen britischen Historikers Tomothy Garton Ash über Putins Angriffskrieg auf die Ukraine in der Süddeutschen Zeitung zu lesen: 

„Dies ist nicht der Dritte Weltkrieg. Es ist jedoch bereits jetzt etwas sehr viel Ernsteres als die sowjetischen Invasionen 1956 in Ungarn und 1968 in die Tschechoslowakei. Die Kriege im früheren Jugoslawien in den Neunzigerjahren waren schrecklich, aber die damit verbundenen internationalen Gefahren hatten nicht diese Dimension. Russland ist nun der größte Schurkenstaat der Welt. Er wird regiert von einem Präsidenten, der das Gebiet des rationalen Kalkulierens verlassen hat.“ Dies schreibt einer der renommiertesten Historiker. Es wird vermutlich viele Jahrzehnte dauern, bis die Welt die Folgen aus dem 22. Februar, dem Tag des Überfalls auf die Ukraine, bewältigt haben wird. Die weltweite geostrategische Tektonik hat sich völlig verändert. Das hat auch Folgen für die EU. Aber auch für China.

EU und der Westen fest an der Seite der Ukraine

Putins Überfall auf die Ukraine hat die EU und den Westen so eng wie nie zuvor zusammengeschweißt. Dies reicht von den wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen bis hin zur militärischen Waffen-Unterstützung für die Ukraine, ohne dass die EU und die NATO zur Kriegspartei werden wird. Das könnte sonst in der Tat einen Dritten Weltkrieg auslösen, was eine noch größere Katstrophe wäre.

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Rechtsruck in Italien – Sprengkraft für Zusammenarbeit in der EU

Der Rechtsruck in Italien ist eine Gefahr für Demokratie, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union. Dass mit der klaren Wahlsiegerin Giorgia Meloni eine neofaschistische, nationalistische und europafeindliche Politikerin die erste Frau vermutlich zur Ministerpräsidentin in Italien, einem Gründungsmitglied der Europäischen Gemeinschaft, gewählt wird, das war zwar ein Schock, aber wir alle hoffen, dass daraus  keine Katastrophe für die EU wird. Italien wäre mit einer antidemokratischen und antieuropäischen Regierung aber weiter von der EU entfernt.

Die EU hat schon einige Jahre Erfahrung im Umgang mit rechtspopulistischen Mitgliedsländern. Polen und Ungarn weisen drastische Demokratiedefizite auf. Polen etwa bei der eingeschränkten Unabhängigkeit der Justiz. Und Ungarn bei Korruption und Gleichschaltung der Medien. Das sind erhebliche Verstöße gegen die auch von Polen und Ungarn unterzeichneten EU-Verträge. Mit Verweis auf Ungarn und Polen ist Kommissionspräsidentin von der Leyen für ihre Äußerung von den italienischen Rechtspopulisten heftig kritisiert worden: „Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, haben wir Instrumente zur Verfügung.“ Gemeint war hier vor allem der neue Rechtsstaatsmechanismus, der im April erstmals gegen Ungarn eingeleitet wurde. Da stimme ich von der Leyen völlig zu. 

Warum könnte Giorgia Meloni mit ihrer Partei Fratelli d´Italia als Regierungschefin zum Sprengsatz für eine konstruktive Zusammenarbeit in der EU werden?

Das Rechtsbündnis aus Meloni, Salvini und Berlusconi gibt Polen, Ungarn und den rechten Populisten in Europa Aufwind. Das Einstimmigkeitsprinzip wird künftig in der EU noch schwieriger zu erreichen sein. „Wir jubeln mit Italien“, twitterte die AfD zum Wahlsieg. Glückwünsche kamen auch vom rechtsnationalen Rassenblement National aus Frankreich und der polnischen PIS-Partei.

Politlautsprecher Salvini mit seiner rechtsextremen Liga-Partei ist ebenso wie Politgreis Berlusconi Putin-Bewunderer. Beide wollen die Sanktionen gegen Russland sofort aufheben. Meloni hält sich hier noch bedeckt und will die Ukraine unterstützen. Fragt sich, wie lange noch? Das eigentliche Problem für die EU ist das Wahlprogramm des Rechtsbündnisses: fremdenfeindliche Parolen, Hetze gegen Homosexuelle, gegen die LGBT-Lobby und Migranten. Melonis Parole stammt aus ihrer MSI-Zeit (der in den neunziger Jahren aufgelösten postfaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano) : „Gott-Vaterland-Familie“. Für Meloni gilt der Vorrang des italienischen Rechts vor dem EU-Recht. Sollte der Rechtsblock die absolute Mehrheit haben, dann könnte dieser Gesetze und Verfassung beliebig ändern.

 Typisch für Meloni ist ihre aggressiv deutschfeindliche Haltung. Sie hegt eine – wie sie zugibt – „gewisse Abneigung gegen Deutschland“. 2016 nannte sie Deutschland sogar den „Blutsauger Europas“. Deutschland sei ein „großer Geldautomat“. Ihr absurder Vorwurf war damals: Die deutschen Banken würden von den Coronahilfen profitieren. Eine Verschwörungstheorie.

Die Zuwanderung hält Meloni für einen Angriff auf die eigene nationale Identität. Die europäische Idee ist für Meloni die „Feindin der Nation“. Zuschüsse aus Brüssel und Kredite aus Frankfurt seien aber erwünscht.

Sie vergisst dabei eines: Italien ist mit seinen Milliardensummen aus dem Corona-Hilfsfonds und den Reformen der Regierung von Mario Draghi gut aus der Pandemie herausgekommen.

Was auffällt im Jargon von Meloni: Sie spricht nie vom Staat, sondern immer von Volk oder Nation. Und das schließt nur Italiener ein, aber keine ethnischen oder  religiösen  Minderheiten. Einem Reporter gegenüber räumt Meloni ein, zum Faschismus ein „entspanntes Verhältnis“ zu haben. Warum wohl? Anfang der 90er Jahre war sie in der Jugendorganisation der neofaschistischen Partei MSI aktiv. Dort hat sie ihre Politkarriere gestartet: seit 2006 sitzt sie im italienischen Parlament. Unter Berlusconi war sie Jugendministerin. Heute plädiert sie angesichts der Armuts- und Wirtschaftskrise in der drittgrößten Volkswirtschaft für drastische Steuersenkungen. Sie nimmt damit nicht nur eine neue Schuldenkrisse, sondern sogar eine neue Eurokrise in Kauf.

Die Fratelli-Partei pflegt enge Verbindungen zu Viktor Orban und bildet auf europäischer Ebene mit der polnischen Regierungspartei PIS eine Parteienfamilie.

Es bleibt uns ein kleiner Trost: Alle 14 Monate wechselt im Schnitt die Regierung in Italien. Die Schwäche des zerstrittenen Linksblocks wurde zur Stärke des Rechtsblocks. Mit knapp 64 Prozent Wahlbeteiligung waren die Nichtwähler die stärkste Kraft. 

Betrachten wir das Wahlergebnis in Italien nicht nur als Problem für die EU, sondern auch als Chance für Europa. Jetzt ist es umso wichtiger, dass die Demokraten in der EU zusammenstehen und gegen die Feinde der Freiheit die europäischen Werte entschlossen verteidigen. Der Rechtsruck in Italien, er ist ein Problem, aber er darf nicht zur Katastrophe für die EU werden. Jetzt gilt es, die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas in die Tat umzusetzen, vor allem das Einstimmigkeitsprinzip zu überwinden und die EU weltpolitikfähig umzubauen.

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Marion Walsmann - Für Thüringens Zukunft in Europa.
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