30 Jahre Binnenmarkt & 60 Jahre Elysee-Vertrag

Marion WALSMANN in the EP in Strasbourg

In diesem Jahr kann die EU gleich zwei bedeutende Jubiläen feiern: 30 Jahre Europäischer Binnenmarkt und 60 Jahre Elysee-Vertrag. Der europäische Binnenmarkt steht gegenwärtig nur noch selten im Mittelpunkt. Dabei ist er enorm wichtig für die EU. Jetzt wird er 30 Jahre alt .

Als „Europas vergessene Errungenschaft“ so hat die FAZ zum Jahreswechsel das 30-jährige Jubiläum des Binnenmarkt betitelt. Zugegeben: Zum Jahreswechsel  2023 gibt es in Europa und weltweit andere wichtige Themen – den Krieg in der Ukraine, den Erdgasmangel, die Energiekrise, die Klimakrise , die bedenklich hohe Inflation.

Damals, Am 1. Januar 1993 sollte der EU-Binnenmarkt als Kern der europäischen Integration vollendet sein. Das ist auch 30 Jahre danach nicht der Fall. Im kleinen Grenzverkehr hat die EU noch viel zu tun, die Grundfreiheiten umzusetzen.

„Niemand verliebt sich in einen Binnenmarkt“, so meinte Jacques Delors damals beim Start dieses Jahrhundertprojekts. Doch diese Skepsis wurde durch die Tatsachen widerlegt. Der Binnenmarkt ist bei allen akuten Problemen unterm Strich eine beispiellose Erfolgsgeschichte.

Dennoch ist der gemeinsame Markt der EU heute wichtiger denn je. Der Binnenmarkt hat für Unternehmen, Verbraucher und Fachkräfte neue Möglichkeiten und zusätzliche Chancen gebracht. Heute gilt es, die vier Freiheiten des EU-Binnenmarkts gegen Beschränkungen zu verteidigen. Bei neuen Entwicklungen etwa im Bereich der digitalen Ökonomie benötigt die EU gemeinsame Regeln, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle sicherzustellen.

Als einzige ins Europäische Parlament gewählte Thüringer Abgeordnete arbeite ich im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbaucherausschuss (IMCO) und im Rechtsausschuss (JURI) mit. Hier habe ich an vielen entscheidenden Berichten und Entwürfen mitgearbeitet, die sich auch unmittelbar auf die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen auswirken. Beispielsweise haben wir den Schutz geografischer Herkunftsangaben rechtlich gesichert – so stellen wir sicher, dass die Thüringer Rostbratwurst auch wirklich aus Thüringen stammt! Ein weiteres Steckenpferd meiner Arbeit in den Ausschüssen ist die Produktsicherheit. Wir wollen sicherstellen, dass sowohl analog als auch digital nur sichere Produkte in den Einkaufswägen der Verbraucher landen.

Trotz so mancher Schwächen und akuten Krisen ist der gemeinsame Markt der EU heute wichtiger denn je. Der grenzüberschreitende Verkehr für Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital beschertuns enorme Vorteile. Das gilt für den Wohlstand, der sich damit für alle spürbar verbessert hat. Der Binnenmarkt hat für Unternehmen, Verbraucher und Fachkräfte neue Möglichkeiten und zusätzliche Chancen gebracht.

Das EU- Prinzip der gegenseitigen Anerkennung bei Achtung der regionalen Besonderheiten ist ein wichtiges Instrument der wirtschaftlichen Integration geworden. So darf zum Beispiel Bier aus EU-Ländern in Deutschland ausgeschenkt werden, während wir zugleich durch entsprechende Kennzeichnung das deutsche Reinheitsgebot bewahren.

Für diese Vielfalt und Freiheit in einem einheitlichen Markt sollten wir weiter werben. Die Vollendung des Binnenmarktes bleibt das Ziel. Kein anderes Handelsabkommen kann diesen weltweit stärksten Binnenmarkt zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union ersetzen. Das zeigen nicht zuletzt die britischen Handelsverluste seit dem Brexit. Deutschland wiederum wickelt mehr als die Hälfte seiner Exporte mit anderen EU-Ländern ab. Insgesamt finden knapp zwei Drittel des Warenhandels der EU im Binnenmarkt statt. Auf diesen Erfolgen sollten wir uns nicht ausruhen.

Als wirtschaftliches Fundament der EU bildet der Europäische Binnen den weltweit größten einheitlichen Handelsblock. Mit rund 440 Millionen Verbrauchern und 24 Millionen Unternehmen sowie einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von rund 14 Billionen Euro (Stand 2021) gehört der Europäische Binnenmarkt zu den größten Volkswirtschaften der Welt. Mit seinen vier Grundfreiheiten ermöglicht der Europäische Binnenmarkt grenzenlose Mobilität für Bürger, Waren, Dienstleistungen und Kapital in der 27 Mitgliedstaaten zählenden EU.

Der Binnenmarkt umfasst sowohl EU- als auch Nicht-EU-Länder: Island, Liechtenstein und Norwegen nehmen über den Europäischen Wirtschaftsraum, den sie mit der EU errichtet haben, daran teil. Die Schweiz hat eine Reihe bilateraler Abkommen mit der EU geschlossen, durch die dem Land ein teilweiser Zugang zum Binnenmarkt ermöglicht wird.

Der Binnenmarkt ist die Grundlage für unseren Wohlstand und für wirtschaftliches Wachstum in Deutschland und Europa, der aber derzeit vor großen Herausforderungen steht:  mit der Globalisierung, Digitalisierung, mit der neuen Weltordnung seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, mit der Energiekrise,  dem Klimawandel und mit dem wirtschaftlichen und politischen Expansionsstreben Chinas, vor allem mit dessen Projekt „Neue Seidenstraße“.

Der Europäische Binnenmarkt hat sich in diesen drei Jahrzehnten als ein großer Mehrwert für alle Mitgliedsländer und die EU-Bürger erwiesen. Der Binnenmarkt hat in den Mitgliedstaaten der EU bereits 56 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Der Beitrag des Europäischen Binnenmarkts zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU liegt bei rund 8,5 Prozent. Alle Mitgliedsländer gewinnen durch Handel und Wettbewerb. Deutschland gehört mit seiner starken Exportwirtschaft zu den größten Gewinnern des Europäischen Binnenmarktes. Die jährlichen Einkommensgewinne durch den Europäischen Binnenmarkt betragen in Deutschland über 1.000 Euro pro Kopf. Zusammengerechnet erzielt Deutschland mit insgesamt 86 Milliarden Euro pro Jahr die höchsten Einkommensgewinne im europäischen Ländervergleich.

Alle EU-Bürgerinnen und Bürger erhalten durch größere Märkte zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten und bessere Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz. So leben oder arbeiten rund 17 Millionen Europäerinnen und Europäer in einem anderen EU-Land. Mehr als 12 Millionen konnten mit dem Erasmus-Programm einen Bildungsaufenthalt im Ausland absolvieren, darunter fast eine Millionen deutsche Studentinnen und Studenten.

Wir können aus einer nie zuvor dagewesenen Fülle an Waren und Dienstleistungen auswählen. Dabei gelten für alle Produkte auf dem Europäischen Binnenmarkt einheitliche Sicherheitsvorschriften. Diese gehören zu den strengsten in der Welt und gelten auch für alle Waren, die in die EU eingeführt werden.

Bei online-Bestellungen gelten für alle Internetkäufe in der EU die gleichen Bedingungen: Innerhalb von 14 Tagen können Bestellungen ohne Angaben von Gründen storniert werden. Mangelhafte Ware kann innerhalb von 2 Jahren ohne Zusatzkosten zurückgegeben werden – in der gesamten EU.

Wir wollen den Europäischen Binnenmarkt weiter stärken, denn so können wir weiteres Wachstum und Wohlstand ermöglichen. Nach Angaben der Kommission ist durch den Abbau noch vorhandener Hindernisse im Binnenmarkt ein weiteres Wachstum des BIP der Europäischen Union von bis zu 12 Prozent möglich. Dazu wollen wir bestehende Hindernisse schrittweise abbauen sowie Infrastruktur, Bildung und Forschung für mehr Wohlstand und Arbeitsplätze in Europa ausbauen. Wir wollen Bürger und Unternehmen entlasten und unnötige Bürokratie abbauen. Unser Europa will den zusätzlichen Aufwand der Wirtschaft für jede neue Regel mindestens in demselben Umfang an anderer Stelle reduzieren.
Ein wichtiger Eckpfeiler des Europäischen Binnenmarktes ist die Wettbewerbspolitik der EU. Die europäischen Vorschriften für den Wettbewerb machen unsere Unternehmen konkurrenzfähig, sorgen für faire Wettbewerbsbedingungen, fördern Innovationen und sorgen für niedrige Verbraucherpreise sowie eine große Angebotsauswahl. Die EU-Wettbewerbsvorschriften müssen aber dringend an die zunehmende Globalisierung angepasst werden. Um international konkurrenzfähig zu bleiben, muss die Bildung von europäischen Champions erleichtert werden.

Insbesondere im digitalen Bereich brauchen wir europäische Unternehmen, die mit den großen Konzernen in den USA, China oder Indien Schritthalten können. Wir Europäer konkurrieren auf dem Weltmarkt mit Volkswirtschaften in der Größenordnung eines ganzen Kontinents. Nur mit einem vertieften und gestärkten Binnenmarkt wird Europa auch in der Zukunft seinen internationalen Handelspartner auf Augenhöhe begegnen können. Daran arbeite ich als Thüringer Europaabgeordnete kräftig mit.

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Marion Walsmann - Für Thüringens Zukunft in Europa.
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